Mal leicht, mal schwer. Warum lernen Kinder unterschiedlich?

Am diesjährigen BildungsTalk 03 des Kollegiums St. Michael Zug drehte sich alles um ein Thema, das Eltern besonders bewegt: Warum Kinder unterschiedlich lernen.

Der Vortrag von Prof. Dr. Elsbeth Stern, Leiterin des Instituts für Verhaltenswissenschaften der ETH Zürich, bot eine wissenschaftlich fundierte und zugleich praktische Sicht auf die Zusammenhänge zwischen genetischen Veranlagungen, gezielter Förderung und der Lernumgebung und zeigte, wie diese Einflüsse die Lernfähigkeit von Kindern prägen. Björn Engeli, Geschäftsführer und Rektor des Kollegiums St. Michael Zug, begrüsste das Publikum und die Referentin. Die Veranstaltung wurde von Nik Hartmann moderiert

Das Arbeitsgedächtnis als Schlüssel zum Lernen

Ein zentrales Thema des Abends war das Arbeitsgedächtnis. Dieses beeinflusst unter anderem, wie gut Kinder neue Informationen aufnehmen und verarbeiten können. Prof. Dr. Elsbeth Stern erklärte, dass das Arbeitsgedächtnis stark genetisch bedingt ist. Bereits in der Vorschule zeigen sich Unterschiede, die sich auf die spätere Lernleistung auswirken können. Das Arbeitsgedächtnis entwickelt sich jedoch bis ins Jugendalter weiter, Planungs- und Strategiekompetenzen kommen dann dazu.

Frühförderung – Potenziale ausschöpfen

Jedes Kind kann durch gezielte Förderung sein persönliches Potenzial entfalten. Prof. Dr. Elsbeth Stern hob die Bedeutung der Frühförderung in Sprache und Mathematik hervor. Lesen und mit dem Kind sprechen stärkt nicht nur das Sprachverständnis, sondern auch das Arbeitsgedächtnis und ermöglicht, dass Wissen verdichtet werden kann. Wenn Kinder auf spielerische Weise an grundlegende mathematische Konzepte wie Verdoppeln und Halbieren oder an das Erkennen und Vergleichen von Mengen und Mustern herangeführt werden, unterstützt dies ihre Entwicklung und fördert ein tieferes Verständnis für mathematische Zusammenhänge. Eine unterstützende Lernumgebung, in der Kinder sich kompetent fühlen und Zugehörigkeit erleben, fördert zudem langfristig ihre Entwicklung. Gute Lerngelegenheiten sowohl in der Schule als auch zu Hause ermöglichen Fortschritte für alle, auch wenn genetische Unterschiede bestehen bleiben.

Praktische Tipps für Eltern

Wie können Eltern ihr Kind konkret unterstützen? Hier einige Empfehlungen aus dem Vortrag:

  • Lesen fördern: Regelmässiges Vorlesen und Lesen sind wichtig, um das Arbeitsgedächtnis und die Sprachfähigkeiten zu stärken.
  • Wiederholung: Gelerntes wiederholen, um das Wissen zu festigen und zu vertiefen.
  • Positive Lernumgebung: Schaffen Sie eine Lernumgebung, in der sich Ihr Kind wohlfühlt und gerne lernt. Geben Sie ihrem Kind das Gefühl, dass es gehört und unterstützt wird.

Einblicke aus der Praxis

In ihrem Vortrag gibt Prof. Dr. Elsbeth Stern Einblick in ihre MINT-Studie, die sie seit 2011 mit ihrem Team durchführt. Die Studie mit 17'000 Schülerinnen und Schülern zeigt, dass anschauliche und altersgerechte Physiklektionen in der Primarschule das Verständnis für physikalische Zusammenhänge in der Oberstufe verbessern, da die Kinder auf ein Basiswissen zurückgreifen können. Davon profitieren Mädchen und Jungen gleichermassen.

Neben diesen Erkenntnissen zur Physikförderung ging Prof. Dr. Elsbeth Stern auch auf die Frage ein, wie Intelligenz und Begabung in verschiedenen Bereichen zu verstehen sind. Die Referentin betonte, dass es keine getrennte sprachliche oder mathematische Intelligenz gibt, sondern die allgemeine Intelligenz entscheidend ist. Unterschiede in Fähigkeiten entstehen laut Stern oft durch individuelle Neigungen und einseitige Förderung, die das Selbstbild prägen. Ein Beispiel sind Wahlfächer, die Mädchen auf bestimmte Bereiche festlegen und hauptsächlich ihr Selbstbild stärken, ohne das volle Potenzial zu fördern.

Alle können lernen – auf ihre Weise

Der Vortrag machte deutlich: Intelligenz und Lernfähigkeit sind keine starren Grössen. Jedes Kind kann lernen und sich weiterentwickeln. Gute Lerngelegenheiten helfen allen, auch wenn sie die Unterschiede nicht gänzlich beseitigen. Entscheidend ist, dass Kinder die Chance bekommen, ihr Potenzial auszuschöpfen – durch individuelle Förderung und eine unterstützende Lernumgebung.

Der BildungsTalk schloss mit einer Fragerunde aus dem Publikum und einem anschliessenden Apéro.

Aus der Praxis für die Praxis

Anlässlich des 150-Jahr-Jubiläums der Schulen St. Michael Zug AG startete das Kollegium St. Michael Zug im Jahr 2022 mit dem BildungsTalk eine neue, öffentliche und kostenlose Veranstaltungsreihe für Eltern von schulpflichtigen Kindern und Jugendlichen sowie für Interessierte. Mit dem BildungsTalk will das Kollegium St. Michael Zug eine aktive Rolle in der öffentlichen Wissensvermittlung in den Bereichen Erziehung und

Mal leicht, mal schwer. Warum lernen Kinder unterschiedlich? - 1 Mal leicht, mal schwer. Warum lernen Kinder unterschiedlich? - 2 Mal leicht, mal schwer. Warum lernen Kinder unterschiedlich? - 3 Mal leicht, mal schwer. Warum lernen Kinder unterschiedlich? - 4 Mal leicht, mal schwer. Warum lernen Kinder unterschiedlich? - 5 Mal leicht, mal schwer. Warum lernen Kinder unterschiedlich? - 6

Weiterführende Informationen

Geschäftsführer und Rektor Björn Engeli gibt gerne persönlich Auskunft. Telefon 041 727 12 10 oder bjoern.engeli@kollegium-stm.ch

Bildung – ganzheitlich verstanden

Orientierung und Sicherheit sind zentral für junge Menschen – genauso wie Lebensmut und Selbstvertrauen. Wie jede gute Schule vermitteln wir Wissen und üben überfachliche Kompetenzen. Darüber hinaus helfen wir Jugendlichen gezielt, die Komplexität des Lebens zu meistern. Dazu gehören sichere Werte und die Fertigkeit, mit den Regeln umzugehen, die in der Welt gelten. Unsere Lehrpersonen verstehen sich deshalb nicht allein als Wissensvermittler, sondern als ganzheitliche Pädagogen.

Zur Referentin

Prof. Dr. Elsbeth Stern ist seit Herbst 2006 ordentliche Professorin für empirische Lehr- und Lernforschung und Vorsteherin des Instituts für Verhaltensforschung am D-GESS (Departement für Geistes-, Sozial- und Staatswissenschaften) an der ETH Zürich. Dort ist sie verantwortlich für den pädagogischen Teil der Ausbildung angehender Gymnasiallehrerinnen und -lehrer. Als kognitive Psychologin beschäftigt sie sich seit mehr als 20 Jahren mit dem Lernen von Wissenschaften und Mathematik.

Aktuelle Newsbeiträge